16 Jahre leitete Dr. Matthias Purschke als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied die Geschicke der DGZfP. Nun freut er sich auf einen „Zustand der Zeitlosigkeit“, denn am 1. Januar 2022 endet seine berufliche Laufbahn und Matthias Purschke geht in den wohl verdienten Ruhestand. Zeit, einen Blick auf seinen Werdegang in der Zerstörungsfreie Prüfung und seine Tätigkeit bei der DGZfP zurückzuwerfen.
Herr Purschke, nach 16 Jahren bei der DGZfP neigt sich Ihre berufliche Laufbahn dieser Tage dem Ende. Wie fühlt sich das an?
Ich verspüre weder Freude noch Wehmut. Es ist meine eigene Entscheidung und die ist gut überlegt. Natürlich ist es schade, dass ich vielen Kolleginnen und Kollegen vermutlich nie oder zumindest nur noch sehr selten wieder begegne. Aber die Erinnerungen nehme ich mit. Es ist einfach an der Zeit, dass jemand Neues kommt. Jemand mit größerer Nähe zur Industrie. Das liegt bei mir inzwischen zu lange zurück.

Dr. Matthias Purschke an einem seiner ersten Arbeitstage in der DGZfP-Geschäftsstelle in Berlin-Adlershof.
Wie sind Sie zur Zerstörungsfreien Prüfung gekommen?
Im Rahmen meines Studiums der Elektrotechnik an der Technischen Universität Berlin suchte ich für zwei Facharbeiten – eine Studien- und meine Diplomarbeit – ein passendes Thema. Dafür schaute ich auch ans schwarze Brett der Uni und wie es der Zufall wollte, kam in diesem Moment ein wissenschaftlicher Mitarbeiter vorbei und bot mir an, in einem Forschungsprojekt mit der Firma Seifert (heute Baker Hughes, Anm. d. Red.) zum Thema „Bildverarbeitung an industriellen Röntgenbildern“ mitzuarbeiten. Das war mein Einstieg in die Zerstörungsfreie Prüfung. Danach folgte meine Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, meine Doktorarbeit und im Anschluss ein Jobangebot bei der Firma Seifert Ende der 80er Jahre.
Wie hat sich die Zerstörungsfreie Prüfung seitdem entwickelt?
Der Digitalisierungsfortschritt hat die Zerstörungsfreie Prüfung sehr verändert. Die Möglichkeiten, die wir heute haben, waren vor 25 Jahren gar nicht vorstellbar. Jetzt heißt es herauszufinden, wie wir aus den ermittelten Daten die Produktionsprozesse optimieren. Hier wird sich in den nächsten Jahren viel tun.

Warum sollten sich junge Leute heute für eine berufliche Laufbahn im Bereich ZfP entscheiden?
Weil es spannend ist! Es ist vielfältig, anspruchsvoll und echt herausfordernd. Es ist eben sehr facettenreich.
Die Zerstörungsfreie Prüfung ist ein Zukunftsthema in den unterschiedlichsten Branchen, das können wir in der Öffentlichkeit und in den Medien wahrnehmen. Lassen Sie mich als ein Beispiel die Dauerüberwachung von Infrastrukturbauten wie z.B. Brücken nennen. Dies ist ein großer wirtschaftlicher Faktor. Eine Brücke muss nicht abgerissen werden, wenn über zerstörungsfreies Monitoring der Zustand von Bauwerken überwacht werden kann.
Was kann die DGZfP tun, um junge Leute für die ZfP zu gewinnen?
Wir haben vielfältige Kooperationen mit weiterführenden Schulen und Hochschulen sowie Stiftungen wie Jugend forscht, über die wir die Zerstörungsfreie Prüfung bekannter machen und bei den jungen Leuten das Interesse an einer Tätigkeit in der ZfP-Branche wecken. Seit einigen Jahren verzeichnen wir in Deutschland allerdings einen deutlichen Rückgang an Studierendenzahlen in den technischen Studiengängen.
Nun heißt es einerseits in dieser schrumpfenden Gruppe an Nachwuchskräften die Leute zu finden, die sich für die ZfP begeistern. Andererseits müssen wir über verschiedene Strategien auf die Wichtigkeit der ZfP und das spannende Berufsfeld aufmerksam machen, um wieder mehr junge Menschen in diesen Bereich zu bringen. Unsere ZfP-Grundlagenschulung für Studierende, die wir jährlich anbieten, ist in meinen Augen eine ganz gute Allzweckwaffe. Denn ehrlich gesagt kenne ich niemanden, der mit der ZfP in Berührung kommt und dann sagt: „Nee, das ist mir zu blöd."
Möchten Sie Ihrem Nachfolger Dr. Thomas Wenzel etwas mit auf den Weg geben?
Die DGZfP hat sich in den letzten Jahrzehnten immer weiterentwickelt. Als Team konnte sie die Erwartungen der Mitglieder und Kund*innen hervorragend erfüllen. Dafür gibt es kein Geheimrezept. Es ist in der Struktur der DGZfP, mit ihren Gremien wie Fach- und Unterausschüssen sowie dem Beirat, so angelegt. Man muss diese Struktur nur nutzen. Ich bin stolz darauf, dass sich die DGZfP zu einem modernen Dienstleistungsanbieter entwickelt hat – neutral und unabhängig. Dabei ist die DGZfP nicht verantwortlich für die technische Entwicklung, aber die Verbreitung der technischen Entwicklung in den verschiedenen ZfP-Verfahren haben wir über unsere Gremienarbeit vorangetrieben.
Ich wünsche mir für Thomas Wenzel, dass er nicht mit mir verglichen wird. Das ist überflüssig. Jede Zeit hat ihre Herausforderungen und verlangt die entsprechenden Antworten.
Auf was freuen Sie sich in der kommenden Zeit?
Ich freue mich auf diesen Zustand der Zeitlosigkeit. Morgens mit einer Tasse Kaffee auf der Terrasse sitzen, ein paar Minuten dem Rasen beim Wachsen zusehen und darüber nachdenken, was der Tag bringen wird. Konkrete Pläne für den Ruhestand habe ich nicht. Ich blicke einer Zukunft entgegen, in der ich die Zeit vergehen lassen kann und nicht mehr fern- beziehungsweise fremdgesteuert bin.
Doch langweilig wird mir sicher nicht. Ich spiele ein wenig Gitarre – gern Rock oder Country, mache ab und an elektronische Musik und gehe gern auf Konzerte. Ich kann fast jeder Musikrichtung etwas abgewinnen, außer dem deutschen Schlager. Zudem kann ich mir vorstellen, wieder mit dem Malen zu beginnen. Und ich habe die Gartenarbeit für mich entdeckt. Dieses „Da haste wat jeschafft“-Gefühl danach entspannt mich.
Haben Sie abschließend einen Rat an die ZfP-Branche?
Eher eine Bemerkung: Zerstörungsfreie Prüfung macht man aus zwei Gründen. Erstens Produktqualität und zweitens Sicherheit.
Wir alle – die ganze ZfP-Gemeinschaft – sind gefordert und in der Pflicht, unseren Job nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Wenn ZfP nicht gewissenhaft gemacht wird, passieren Unglücke.
Ich wünsche mir, dass das Bewusstsein darüber, dass jede Tätigkeit in der ZfP wichtig ist, wieder im Mittelpunkt steht. Wir dürfen ZfP nicht rein finanziellen Überlegungen unterordnen. Wenn das passiert, fürchte ich, werden wir schlimme Ereignisse erleben. Die Gewissenhaftigkeit muss oberstes Gebot sein. Das ist kein Rat, sondern eine Erfahrung der letzten 40 Jahre.

Herr Purschke, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Sie.
Anja Schmidt, Julia Willich
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