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Wir müssen die ZfP in der Öffentlichkeit verständlicher und greifbarer machen

Veröffentlicht am Dienstag, 10. Mai 2022.

Dr. Dirk Treppmann ist im Jahr 2014 persönliches Mitglied der DGZfP geworden und engagiert sich seitdem in unterschiedlichen Gremien für unsere Gesellschaft. Als Leiter Materials Engineering bei Evonik verfügt er über eine mehr als 25-jährige Erfahrung im Bereich Werkstofftechnik und zerstörungsfreie Prüfmethoden in der chemischen Industrie. 2018 wurde er in den Vorstand der DGZfP gewählt. Im Interview erzählt er, welche Rolle die Zerstörungsfreie Prüfung in seinem Arbeitsalltag spielt und was für die Zukunft der DGZfP wichtig ist.

 

Herr Treppmann, wie kamen Sie zur Zerstörungsfreien Prüfung (ZfP)?

Die ZfP war in allen meinen beruflichen Stationen ein wichtiges Instrument, um die Kernaufgaben zu lösen. Aber ich war noch nie in einem Unternehmen oder Institut beschäftigt, das sich im Schwerpunkt mit der ZfP beschäftigt hat. Meine ersten Berührungspunkte mit der ZfP waren vor fast 40 Jahren der Bauch-Ultraschall während meiner Arbeit als Rettungssanitäter und die Endoskopie während meiner Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Als Maschinenbau-Ingenieur in der Werkstoffforschung in den 1990er Jahren arbeitete ich dann mit Röntgenbeugung, Ultraschall und visueller Prüfung im Rahmen eines Joint-Ventures mit der DaimlerChrysler AG.

In meinem jetzigen Tätigkeitsbereich als Leiter Materials Engineering bei Evonik nutzen wir zur Beurteilung des sicherheitstechnischen Zustands von Chemieanlagen nahezu alle zerstörungsfreien Prüfverfahren. Die ZfP war und ist also immer ein wichtiger Teilaspekt meines Aufgabenfeldes.

 

Was haben Sie davor gemacht?

Ich stamme aus einer Handwerksfamilie und habe zunächst eine Ausbildung als Rettungssanitäter und als Kraftfahrzeugmechaniker absolviert. In dieser Zeit ist mir klar geworden, dass ich eher theoretisch veranlagt bin und es mir mehr liegt, über Arbeit zu reden. Das Maschinenbaustudium und die Promotion im Bereich Werkstofftechnik waren dann eine wichtige Basis, um heute die Dinge zu tun, die mir liegen und Spaß machen.

Vorlage_Treppmann_Interview 

 

Welche Rolle spielt die ZfP in Ihrem Arbeitsalltag?

Ich habe mich immer mit der Frage beschäftigt: Wie kann die ZfP helfen, meine Kernaufgaben zu lösen? Meine jetzige Aufgabe ist es, einen weltweiten Beitrag zur Anlagenverfügbarkeit und Anlagensicherheit unserer Chemieanlagen zu leisten. Dabei wird auch die ZfP angewendet, um bereits im laufenden Anlagenbetrieb Prüfungen durchzuführen, die es erlauben, Korrosionsvorgänge im Innern zu erkennen, bevor sie sicherheitstechnisch relevant werden können. Wir vermeiden dadurch ungeplante Stillstände, reduzieren die Dauer geplanter Stillstände und erhöhen auch die Sicherheit der Anlage.

Der Einsatz der ZfP erzeugt einen erheblichen Mehrwert für Evonik. Die Vermeidung und die Erkennung von Korrosion spielen eine große Rolle. Das bedeutet auch, dass man verstehen muss, welche Schädigungsarten der chemische Prozess hervorrufen kann. Es macht keinen Sinn, wenn Ultraschallwanddickenmessungen durchgeführt werden, falls der zu erwartende Schädigungsmechanismus transkristalline Spannungsrisskorrosion sein könnte. Vertiefte Kenntnisse zu den verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen und den Auswirkungen auf die eingesetzten Werkstoffe sind Grundlage des Handelns. Evonik kann und muss nicht alles aus Gold bauen, um die Korrosion in den Griff zu bekommen.

Mitsubishi Chemicals_Yokkaichi Japan

 

Seit wann engagieren Sie sich in der DGZfP?

Meine ehemaligen Chemiekollegen Dr. Andreas Hecht und Wilfried Hueck haben mich vor rund zehn Jahren dazu gebracht, verantwortungsvolle Aufgaben für die DGZfP zu übernehmen. Zunächst als Beiratsmitglied, dann als Vorsitzender des Ausschusses für Berufs- und Ausbildungsfragen (ABAF) und Mitglied im Lenkungsausschuss der DPZ. Im Jahr 2018 bin ich zum Mitglied des Vorstandes gewählt worden.

Für die DGZfP arbeiten zu dürfen, bereichert mein Berufsleben in besonderer Weise. An strategischen Prozessen eines mittelständischen Unternehmens mitwirken zu können und die Umsetzung unmittelbar zu erleben, ist etwas, das man in einem Großkonzern nur selten erfahren kann. Als Vorstand kommt man in Kontakt mit Entscheidungsträgern aus Forschung, Wirtschaft und Politik. Eine großartige Belohnung für den ehrenamtlichen Einsatz.

 

Wie wird sich die DGZfP in Ihren Augen entwickeln?

Die DGZfP hat sehr motivierte Mitarbeitende, eine kompetente Leitung und sehr engagierte ehrenamtliche Mitglieder, die ständig neue Impulse in die Gesellschaft tragen. Teil dieser Community zu sein, macht mich sehr stolz und dankbar. Ich bin mir sicher, dass diese Vielfalt eine hervorragende Basis ist für wirtschaftlichen Erfolg und für unsere zentralen Aufgaben: Die Entwicklung, die Anwendung und die Verbreitung der zerstörungsfreien Prüfverfahren zu fördern.

Ich erwarte nachhaltige Veränderungen im Bereich der Digitalisierung. Diese werden unsere Ausbildungsaktivitäten, unsere Tagungen und Arbeitskreise und auch die Prüftechniken weiter in deutlicher Weise verändern.

Wir haben durch die Coronapandemie in rasanter Geschwindigkeit Videokonferenzen als Teil unserer täglichen Arbeit kennengelernt. Ich denke, dass es weiterhin schwierig bleibt, nachhaltiges Vertrauen zu Gesprächspartner*innen oder Kund*innen ausschließlich über diese Medien aufzubauen. Der reine Austausch von fachlichem Inhalt ist aber möglich. Man muss sich sicherlich fragen, ob es zukünftig immer notwendig ist, für eine mehrstündige Besprechung beispielsweise nach Japan zu fliegen. Ich bin gespannt, wie groß der Spagat wird, um z. B. bei den Tagungen das richtige Format zu finden.

 

Wie kann die ZfP bekannter werden?

Im Gespräch mit Freunden, Bekannten oder auch Fremden kommen wir immer wieder zu der Frage „Zerstörungsfreie Prüfung? Was ist das denn?“ – genauer erklärt wird meist schnell klar, was gemeint ist. Das macht deutlich: Der Begriff ZfP ist sperrig!

Um eine hohe Akzeptanz in der breiten Öffentlichkeit zu erreichen, müssen wir einen anderen Begriff wählen.

Alle kennen Verfahren der Zerstörungsfreien Prüfung aus der Medizin. Röntgen, Ultraschall oder eine Magenspiegelung sind den meisten Menschen ein Begriff. Durch die Überführung der bekannten Verfahren in die industriellen Anwendungen, wird die ZfP verständlicher und greifbarer.

 

Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit?

Schon als kleiner Junge war ich ein großer Autofan und bin inzwischen begeisterter Fahrer eines vollelektrischen PKW. Wie viel Spaß es machen kann und wie unkompliziert es ist, ein Elektroauto zu fahren, hätte ich eigentlich nicht gedacht. Klassische Autos faszinieren mich aber ebenso. Das Blubbern eines 65er Shelby Mustang V8 löst halt immer noch Herzklopfen aus.

Ziemlichen Ehrgeiz habe ich bei der Digitalisierung unseres Hauses. Die Smart-Home-Technik ist mein Steckenpferd. Wenn ich überall das Licht, die Rollos und die Temperatur per App steuern kann, fasziniert mich das. Meine Frau muss da gelegentlich meinen Tatendrang bremsen.


 

Etwas Besonderes ist für mich die mehr als 30-jährige Freundschaft mit meinen Studienkollegen. Wir treffen uns immer noch regelmäßig und gehen auch gemeinsam auf Reisen. Im Jahr 2020 waren wir kurz vor Corona in der Karibik segeln und haben die Windward Islands entdeckt. In diesem Jahr hat uns Corona dann zum Segeln ins Ijsselmeer „gespült“.

Über allem steht für mich aber meine Familie. Ich habe zwei großartige Zwillingstöchter und eine wunderbare Frau, die voll hinter mir steht. Meine Zwillingstöchter studieren Maschinenbau mit der Fachrichtung Werkstofftechnik. Sie arbeiten nun als studentische Mitarbeiterinnen am gleichen Institut wie damals ihr Papa. Wenn sie über ihre Arbeit in der Metallografie oder am Mikroskop berichten, bin ich immer wieder begeistert. Inzwischen sind die beiden auch persönliche Mitglieder in der DGZfP.

Herr Treppmann, vielen Dank für das Gespräch.

Anja Schmidt, Julia Willich